In Zeiten des Genderns, der Inklusion und der fortschreitenden Digitalisierung (nicht zuletzt durch die Pandemie) gewinnt ein Begriff immer mehr an Bedeutung und Gewicht: Barrierefreiheit.

Ein Wort, das in aller Munde ist und mit vielen Bedeutungen und großem Spielraum in der Interpretation von sich Reden macht. Doch was genau ist mit Barrierefreiheit gemeint? Wie zeigt sie sich im Digitalen Kontext? Was sind Hürden und Barrieren auf Webseiten? Wie sieht es rechtlich aus? Wie kann ich für Barrierefreiheit sorgen? Ist Barrierefreiheit in der digitalen Welt eine schöne Seifenblase, die zum Platzen verurteilt ist, oder ein reelles Ideal, das man umsetzen kann und muss?

Es stellt sich die Frage: Barrierefreiheit auf Websites: Simples oder komplexes Ziel?

Beginnen wir am Anfang. Was genau ist Barrierefreiheit im digitalen Kontext?

Barrierefreiheit klingt zunächst erstmal recht einfach, es sollte an sich also nicht so schwer sein, sie auf Webseiten umzusetzen. Doch so simpel es scheint, so komplex ist es in der Realität.

Allgemein definiert wird Barrierefreiheit im „Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG)“ als „barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“

Auf den Punkt gebracht bedeutet Barrierefreiheit also, dass Menschen mit und ohne Behinderung eine von Menschen gestaltete Umwelt gleichermaßen nutzen können oder anders, dass sie für alle ohne fremde Hilfe zugänglich ist. Diese Umwelt können dabei Gebäude und öffentliche Plätze, Arbeitsstätten und Wohnungen, Verkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände, sowie Dienstleistungen und Freizeitangebote sein.

 

Was genau steckt hier rechtlich dahinter?

BGG ist uns jetzt ein Begriff. Es gibt aber noch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das am 22.07.2021 vom Bundestag beschlossen wurde und die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, kurz: EAA) umsetzt.
Bislang sind nur Behörden oder staatlich finanzierte oder co-finanzierte Websitebetreiber zur Barrierefreiheit verpflichtet. Doch ab 2025 wird Barrierefreiheit durch das BFSG für die allermeisten Online-Shops und selbst E-Book-Anbieter verpflichtend sein. Dadurch sollen Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher:innen barrierefrei werden. Das BSFG richtet sich an die Wirtschaft allgemein und konkret an Produkthersteller:innen, Händler:innen und Dienstleister:innen. Es gilt nur verpflichtend für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden.

Und bis wann muss das Gesetz umgesetzt werden bzw. wann genau tritt das BFSG in Kraft?

Die neuen Regeln gelten ab 2025, es gibt allerdings noch eine 5-jährige Übergangsfrist für Dienstleistungen.

Aber was genau sind denn Hürden und Barrieren auf Websiten? Und wie kann ich Sie abbauen?

Der „Verein für Behinderte in Gesellschaft und Beruf in Deutschland“ schätzt, dass jeder fünfte deutsche Internetnutzer bzw. Internetnutzerin aufgrund einer körperlichen Einschränkung Schwierigkeiten mit der Nutzung des Internets und dem Zugang zu digitalen Inhalten auf Websites hat.

Dabei sind Barrieren immer relativ zur Einschränkung bzw. zur Behinderung zu verstehen. Gemeint ist damit, dass jemand der schlecht oder kaum lesen kann, jede Art von geschriebenen Texten bereits als Hürde empfindet, Gehörlose jedoch vor einer Barriere stehen bei auditorischen Inhalten. So unterschiedlich die Einschränkungen und Behinderungen, so verschieden und vielfältig die wahrgenommenen Hürden und Barrieren. Dazu kommt auch, dass nicht nur die darreichungsform der Informationen eine Rolle spielt, sondern auch die Informationen an sich.

Deswegen ist es auch bei der digitalen Barrierefreiheit von zentraler Bedeutung, „menschzentriert“ vorzugehen und neben den technischen, gestalterischen und inhaltlichen Aspekten den Faktor Mensch, also seine Zielgruppe, fest im Blick zu haben.

Folgend mal die 8 häufigsten Hürden und Barrieren auf Websites:

  • Fehlende Alternativtexte für Bilder, Grafiken und grafische Funktionselemente
  • Unbeschriftete Formular-Elemente und mangelndes Fehlerhandling
  • Keine Navigation und Steuerung ohne Computer-Maus, bzw. keine Tastaturbedienung
  • Schlechte Kontraste und ungünstige Farbkombinationen
  • Zu kleine, unbeschriftete, grafische Navigations- und Bedienelemente
  • Zu lange, komplizierte oder mehrsprachige Texte
  • Nutzung von unzugänglichen Audio- und Video-Inhalten ohne Untertitel oder Transkripte oder unzugängliche PDF-Dokumente ohne Alternative
  • Komplexe und verschachtelte Menüs sowie inkonsistente Navigationskonzepte

Barrierefreiheit: Simples oder komplexes Ziel?

Die Idee hinter der Barrierefreiheit ist an sich simple und sollte -und muss- in Zukunft Ziel eines Jeden sein. Doch so einfach es scheint, so schwierig ist oft die Umsetzung.

Im Kern muss man auch hier seine Zielgruppe kennen und dann Teilhabe und Zugang für alle schaffen. Das Problem ist, dass sich Barrieren durch die Art und den Grad der Einschränkung definieren.

Dadurch wird Barrierefreiheit ein sehr komplexes Ziel, denn wirklich alle zu inkludieren heißt für alle Einschränkungen Lösungen anzubieten. Das scheint eine wahre Mammutaufgabe. Doch bereits kleine Schritte können helfen und nach oben ist immer Luft zur Verbesserung und Weiterentwicklung. Schon allein durch die Überwindung der 8 häufigsten Hürden und Barrieren kann man schätzungsweise bis zu 20% mehr Menschen den Zugang zum Internet bzw. zu digitalen Inhalten auf Websites erleichtern oder erst überhaupt möglich machen.

Fazit

Versuche das komplexe Ziel der Barrierefreiheit umzusetzen, wenn auch schrittweise. Nutze dazu alle Tools deines UX-Arsenals. Von der UX-Research über UX-Design bis hin zum UX-Writing. Beginne bei deiner Zielgruppe und mach dir die Bedürfnisse, sowie die Hürden und Barrieren klar, auf die deine Nutzer:innen treffen können. Finde dann passende und angebrachte Lösungen und teste diese. Gehe in den Dialog mit deiner Zielgruppe und höre ihr Feedback. Denn Barrierefreiheit und Teilhabe für alle soll Realität werden. Auch wir bei Styrz wollen Barrierefreiheit schaffen und arbeiten stetig daran unsere Webinhalte für alle zugänglich zu machen. Noch sind wir nicht am Ziel, wie auch dieser Blogbeitrag zeigt, doch setzen wir bereits einige Prinzipien zur Inklusion konsequent um.

Du willst mehr zum Thema erfahren oder mit uns über Barrierefreiheit reden?

Übrigens:

Hast du schon von dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gehört?

Heutzutage spielt der Zugang zu Informationen, Räumen und Dienstleistungen in verschiedenen Aspekten des Lebens eine zentrale Rolle. Umso wichtiger, dass dabei – sowohl physisch als auch virtuell – niemand vor verschlossenen Türen steht. Nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BBG) markiert dafür nun das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) einen bedeutenden Schritt für eine gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, hin zu einer inklusiven und gerechten Gesellschaft.

Da dieses Gesetz bereits ab 2025 gilt, haben wir dir hier eine kostenlose, übersichtliche Checkliste erstellt, mit der du ganz leicht überprüfen kannst, ob du und dein Unternehmen davon betroffen seid. Fordere sie hier ganz bequem an!