Geht es um Content, so betrachten wir diesen häufig aus den Perspektiven Marketing, Vertrieb, Technische Dokumentation und Schulung. Dieser Content beschreibt oftmals Texte. Häufiger ist heutzutage zudem die Rede von User-Experience-Writing (UX-Writing), gemeint sind damit Oberflächentexte in digitalen Produkten, die nutzenden Personen etwas beschreiben, diese informieren, anleiten oder motivieren sollen.

Kurzum: UX-Writing soll dabei helfen die User-Experience, durch ausgeklügelte „Begleitung“ mittels Content, positiv zu beeinflussen.

Doch was hierbei häufig außer Acht gelassen wird, ist der Fakt, dass alle Berührungspunkte vor, während und auch nach der eigentlichen Nutzung des Produktes, die User-Experience beeinflussen. Und das eben nicht nur Marketing-Informationen, digitale Anleitungen oder Schulungsvideos. Wie man das vernünftig plant und nachhaltig gewährleisten kann, kannst du im Artikel nachlesen.

Warum ist Content wichtig für die User-Experience?

Es geht darum, die Reise ganzheitlich vom ersten Interesse, über Knowhow-Lücken während der Nutzung, bis zum unangenehmen Support-Fall und sogar darüber hinaus zu unterstützen.
Betrachten wir also die Customer-Journey, stellen wir fest, dass eine Person, die unserem Pfad folgt, unterwegs einer ganzen Menge an unterschiedlichen Informationen begegnet. Häufig ist es hierbei allerdings so, dass diese Informationen in Silos gedacht und erstellt werden. Dies schlägt sich leider in der Qualität der Inhalte wieder. Das hat zur Folge, dass in vielen Unternehmen diese Reise, mit oftmals diffusen oder disparaten Informationen versehen, etwas holprig erscheint.

Was es braucht, damit das Ganze rund läuft, liegt auf der Hand:

  • Die Customer-Journey kennen
  • Einen Überblick über den Content haben
  • Eine Content-Strategie erstellen
  • Content-Prozesse aufbauen
  • Qualitätskriterien festlegen
  • Content-Arbeit im Unternehmen zentralisieren und überwachen
  • Ressourcen planen und steuern

Klingt nachvollziehbar und logisch. Doch wie kannst du das umsetzen und was brauchst du dafür? Die Antwort: einen funktionierenden Content-Betrieb im Unternehmen!

Was ist ein Content-Betrieb?

Ein Content-Betrieb ist ähnlich dem Operations-Management im Unternehmen, welches sich mit der Planung, Gestaltung, Steuerung, Kontrolle und Optimierung von Prozessen und Geschäftsabläufen befasst. Das Operations-Management im Unternehmen stellt einen reibungslosen Betrieb des Unternehmens sicher. Der Content-Betrieb oder auch das Content-Operations-Management ist demnach eine operative Instanz, die dafür sorgt, dass der Content-Laden läuft.

Der Content-Betrieb umfasst dabei, je nach Unternehmensgröße, Produktvielfalt und Menge der Herausforderungen rund um die Nutzerinformationen unterschiedliche Rollen:

  • Content-Manager
    Fokussieren sich auf die Produktionsseite, also die Prozesse, die benötigt werden, um einen effektiven und effizienten Content-Betrieb sicherzustellen. Content-Manager steuern den redaktionellen Betrieb und unterstützen Content-Designer bei der Erstellung von zielgruppenorientierten Informationsprodukten.
  • Content-Strategists
    Legen die strategische Ausrichtung der ganzheitlichen Content-Strategie fest und sorgen dafür, dass diese auf die strategischen Unternehmensziele einzahlt.
  • Head-of-Content-Design
    Fokussieren sich auf die Führung und die personelle Entwicklung einzelner Team-Mitglieder, überwachen die Auslastung der Ressourcen, decken Ressourcen-Engpässe sowie Knowhow-Lücken auf und schließen diese mit zielgerichteten Maßnahmen.

Warum braucht es einen Content-Betrieb?

Sobald ich von Content zentralisieren spreche, vernehme ich häufig ein Raunen der Stakeholder in Unternehmen, die berechtigterweise ein Veto einlegen.

„Jeglichen Content im Unternehmen von einer eigenen und einzig dafür geschaffenen Abteilung zu erstellen ist mit bestehenden Ressourcen (Personalkapazitäten, finanzielle Mittel, Kommunikationsaufwand und Co.) nicht zu leisten.“

Und damit haben diese Stakeholder recht! Doch darum geht’s auch nicht. Es wird und soll, an verschiedenen Stellen im Unternehmen, Content von verschiedenen Menschen erstellt werden – immer von den Experten, die am besten für diese Informationsart in Frage kommen.

Die Frage ist nur, wie kann das so umgesetzt werden, dass jeglicher Content wirkt, wie aus einem Guss? Immer korrekt, konsistent, minimalistisch und dabei trotzdem hochgradig zielgruppenorientiert? Die Antwort: Indem du einen Content-Betrieb im Unternehmen etablierst.

Dabei ist nicht zwingend die Rede davon, die Rollen Content-Designer, Content-Manager, Content-Strategist und Head-of-Content-Design schnellstmöglich mit 4 weiteren Personen im Unternehmen zu besetzen.

Es geht vielmehr darum, sich der Notwendigkeit eines Content-Betriebs bewusst zu werden. Angepasst an die eigene „Evolutionsstufe“ des Contents kannst du anschließend gezielt Methoden und Werkzeuge eines Content-Betriebs, für mehr Überblick über die eigene Informationslandschaft, einsetzen.

Was bedeutet mehr Überblick über die eigene Informationslandschaft?

Die zentrale Ausrichtung eines Content-Betriebs fokussiert sich auf folgende Kernfragestellungen:

  • WER sind die Personen in unserem Content-Team?
  • WAS können die Personen in unserem Team?
  • WELCHEN Content erstellen wir im Unternehmen?
  • WELCHEN Content sollten wir ZUSÄTZLICH erstellen?
  • WIE VIEL Content müssen wir regelmäßig pflegen?
  • WIE VIEL von dem, was wir aktuell erstellen oder pflegen müssen, können die bestehenden Personen im Team abdecken?
  • WIE VIEL von dem, was wir zusätzlich brauchen, können die Personen im Team leisten?
  • WIE können wir auch für den Content, den wir zusätzlich brauchen, die Pflege sicherstellen?
  • WELCHE Lücken gibt es?
  • WIE können wir diese Lücken schließen?

Damit du all diese Fragen für deinen Content-Betrieb beantworten kannst, habe ich dir ein paar Methoden zusammengestellt, mit denen du fürs Erste loslegen kannst. Generell gilt, dass viele der aus dem Operations-Management bekannten Tools und Techniken in abgewandelter Form auch für den Content-Betrieb seine Anwendung finden. Schau dich gern auch dort mal um.

Tipp Nr. 1: Einen Überblick über die Kompetenzen im Team schaffen

Wir erinnern uns: „Es sollen weiterhin viele Menschen an unterschiedlichen Stellen im Unternehmen Informationen erstellen“. Aber welche Informationen können wir der Person zumuten? Welches Knowhow ist vorhanden und wo haben wir Lücken? Ein Kompetenznetz hilft dir dabei, diese Fragen zu beantworten.

STYRZ_Netzdiagramm_Beispiel_UX-Writing

Dein Einstieg:

  • Erstelle eine Tabelle und führe deine Ressourcen auf Zeilen- und die Kompetenzbereiche, die du für deinen Content benötigst auf Spaltenebene auf.
  • Bewerte deine Personalressourcen auf einer für dich repräsentativen Skala (z.B. 0 bis 5).
  • Erstelle ein Netzdiagramm der Tabelle.

An unserem Beispiel ist zu erkennen, dass es in unserem Muster-Team wohl noch Lücken im Bereich Simplifizierung und Prototyping/Design gibt. Steigt der Content-Bedarf in diesen Bereichen, musst du Handlungen daraus ableiten (Weiterbildungen für bestehende Mitarbeiter:innen oder gezieltes Recruiting neuer Mitarbeiter:innen).

Tipp Nr. 2: Die Prozesse beleuchten

Auch im Content-Betrieb hast du Geschäftsprozesse. Die einen laufen einwandfrei, die andern weniger. Je besser die Qualität in deinen Content-Geschäftsprozessen, desto besser dein Content-Betrieb. Stelle dir daher folgende Fragen:

  • Welche Rollen haben wir im Team?
  • Welche Prozesse gibt es?
  • Was sollte die jeweilige Rolle im benannten Prozess tun?
  • Was läuft gut, was nicht und vor allem: warum?

Wir nehmen hierfür bei den Interviews mit einzelnen Stakeholdern gerne eine Matrix-Ansicht, die wir entsprechend befüllen. Das untere Bild zeigt ein Beispiel für die Rolle Content-Designer. In den Spalten gelistet, ein paar Beispielprozesse.

STYRZ_Prozessmatrix_Beispiel_UX-Writing

STYRZ_Prozessmatrix_Beispiel_UX-Writing_Teil2

Aus den Interviews kannst du Problempunkte identifizieren und mittels WIE-Fragen lassen sich diese in einer Design-Thinking-Runde zu einer Lösungsidee führen.

Tipp Nr. 3: Eine Content-Landkarte bauen

Wer einen Content-Betrieb aufbaut, muss wissen, welcher Content, von wem und wann im Unternehmen erstellt wird. Kläre also folgendes:

  • Welche Content-Domänen gibt es im Unternehmen?
  • Welcher Content wird in dieser Domäne bereits erstellt?
  • Welchen Content brauchen wir, den wir noch nicht oder nur unzureichend erstellen/pflegen?
  • Wer erstellt den Content?
  • Können wir den zu erstellenden Content mit bestehenden Ressourcen leisten?

Wir arbeiten hierfür gerne mit Tools für Wissensgraphen, für einfachere Projekte sind allerdings auch Mindmap-Tools vollkommen ausreichend.

Erstelle zunächst für jede Content-Domäne eine eigene Content-Landkarte. In einer zweiten Ausbaustufe kannst du diese anschließend zusammenführen zu einer Content-Weltkarte, um mal bei der Metapher zu bleiben. So hast du immer den Überblick darüber, welche Content-Domäne, was erstellt und auch darüber, welche Informationslieferanten diese Domäne hat bzw. für wen die Domäne selbst, Informationslieferant ist. In unserem Beispiel auf Basis der Domäne Technische-Redaktion mit Schema ST4 könnte dies so aussehen:

STYRZ_Beispiel_Content-Map_SchemaST4

Aus dieser exemplarischen Darstellung ergibt sich, dass bereits in der Technischen Redaktion das Marketing involviert ist, da hier Daten aus ST4 an die Webseite des Unternehmens übergeben werden. Die Content-Landkarte für die Content-Domäne Website wiederrum könnte so aussehen:

STYRZ_Beispiel_Content-Map_Website

Was hierbei direkt auffällt ist, dass die Content-Domäne Website keine Erwähnung der Domäne „Schema ST4“ enthält. Das ist eine Lücke, die durch die Übersicht direkt erkennbar ist. Bilde in so einem Fall die Domäne „Schema ST4“ in deiner Domäne „Website“ ab und du kannst diese Schnittstelle auf deiner „Content-Weltkarte“ darstellen und die beiden Domänen verknüpfen.

Fazit

Dies waren mal drei der wichtigen Methoden, Tools und Techniken, die wir für die Analyse, die Planung und den Aufbau eines Content-Betriebs bei unseren Kunden einsetzen. Darüber hinaus gibt es noch einige mehr, die z.B. für die gezielte Bewertung und den Ausbau deines Teams genutzt werden können. Mit denen du einen gezielten Weiterbildungsfahrplan ausgestalten kannst oder neue Content-Potentiale aufdecken, bewerten und in deine Content-Strategie einbeziehen kannst.

Doch das sprengt leider den Rahmen eines Blog-Artikels. Ich erzähle dir gerne in einem weiteren Artikel mehr darüber. Falls du nicht so lang warten willst, kann ich dir unser Seminar „UX-Writing Betrieb im Unternehmen aufbauen“ empfehlen.

Dort lernst du nämlich genau das! Ich freue mich auf dich!