GUI-Texte spielen eine tragende Rolle dabei, wie ein Produkt von der Zielgruppe angenommen wird. Jedoch hilft UX-Writing nicht nur Ihren Endverbraucher:innen sich in der Anwendung zurechtzufinden. Auch der Designprozess profitiert maßgeblich von professionellen UX-Writer:innen, die deren Ideen bereits in der Entwurfsphase einbringen können.

Ob und wie gut Ihre GUI-Texte Ihre Anwender:innen tatsächlich anleiten, informieren oder motivieren – hängt maßgeblich davon ab, wie gut Sie die Bedürfnisse Ihrer Anwender:innen mit Ihrer Microcopy adressieren. Worauf Sie dabei achten sollten, zeigt Ihnen unser Artikel.

 

Was ist UX-Writing? | Ein kurzer Überblick

User Experience, auf Deutsch „Erlebnis der Nutzer:innen“, sollte jedem, der sich mit der Entwicklung digitaler Produkte befasst, ein Begriff sein. Nur, wenn ein Produkt angenehm zu nutzen ist, schafft es Vertrauen, hält seine Nutzendenbasis und kann sich auf dem Markt behaupten. Entscheidend dafür sind eine intuitive Bedienbarkeit der Funktionen und eine ansprechende Benutzungsoberfläche.

Schwieriger einzuordnen sind für viele die Begriffe UX-Writing und Microcopy. Beim UX-Writing, also dem Schreiben für das Erlebnis der Nutzer:innen, geht es um folgendes: Die Texte auf Ihrer Benutzungsoberfläche gezielt zur Steigerung der positiven Erlebnisse im Umgang mit Ihrem Produkt einzusetzen. Erstellt werden die GUI-Texte im Idealfall von Personen mit der beruflichen Rolle UX-Writer oder UX-Writerin.

UX-Writing ist also ein fortlaufender Prozess, in dem UX-Writer:innen, Microcopy (die GUI-Texte) entwickeln.

 

Welche Aufgaben haben UX-Writerinnen und UX-Writer

Genau wie andere Aspekte des UX-Design müssen auch die GUI-Texte einer Anwendung gründlich geprüft, adressatengerecht erstellt und kontinuierlich verbessert werden. Die Kernaufgaben von UX-Writer:innen drehen sich daher bei weitem nicht nur um die Texte auf den Benutzungsoberflächen. Zu ihren Kernaufgaben gehört auch, als „Mitglied“ im Teilbereich der Content-Strategie Richtlinien für Texte im Kontext der Anwendung zu schaffen und umzusetzen.

Dies erfordert neben Kreativität auch analytische und kommunikative Fähigkeiten, um Rahmenbedingungen zu verstehen und Entscheidungen anderen Teammitglieder:innen begreifbar zu machen. Denn wenn es darum geht, wirklich gute GUI-Texte zu schreiben, reicht es auch als Sprachtalent nicht aus, einfach nach Gefühl zu texten. Hochwertige und passende Microcopy folgt Regeln, die es für Sie als UX-Writer:in selbst, als auch für alle Beteiligten im Team einzuhalten gilt.

 

Vier goldene Regeln für herausragende Microcopy

Qualitativ hochwertige GUI-Texte zeichnen sich dadurch aus, dass sie Nutzer:innen eine effiziente und zielführende, vor allem aber angenehme Navigation der Anwendung ermöglichen. Um dies zu gewährleisten, muss eine Reihe von Kriterien unbedingt erfüllt werden.

Regel Nr. 1: Treffen Sie prägnante Aussagen

Sieht der Nutzer eine Meldung oder eine Schaltfläche, muss diese ihn ansprechen und zum Handeln ermutigen. Entsprechend sollte der Bildschirmtext sich auf das Wesentliche beschränken. Hilfs- und Modalverben wie „ist“ oder „kann“ blähen ihn in diesem Fall nur unnötig auf – also weg damit! Bringen Sie zudem alle wichtigen Aussagen Ihrer Botschaft im Text nach vorne. Unwichtige Informationen hängen Sie ans Satzende oder kürzen Sie diese sogar weg.

Beispiele:

Statt: „Lege den Scheck auf einen dunklen, gleichmäßigen Hintergrund, um den Kontrast zu erhöhen.“

Schreiben Sie: „Lege den Scheck auf einen dunklen, gleichmäßigen Hintergrund“ oder als Frage „Ist dein Beleg auf dem Hintergrund gut erkennbar?“

 

Statt: „Kannst du es heller machen, z.B. mit einer Lampe?“

Schreiben Sie: „Sorge für mehr Licht“ oder als Frage „Hast du ausreichend Licht?“

 

Statt: „Sie haben das falsche Passwort eingegeben“

Schreiben Sie: „Falsches Passwort, vertippt?“

 

Natürlich sind o.g. Beispiele eben als solche zu betrachten. Denn wie so oft im Leben, macht auch hier der Ton die Musik. Was uns zur zweiten Regel bringt.

 

Regel Nr. 2: Folgen Sie Ihrer Markenstimme und wählen Sie den passenden Tonfall

Unternehmen schaffen Wiedererkennungswert, indem sie ihre Corporate Identity aufbauen. Daher müssen auch Bildschirmtexte in digitalen Anwendungen „on-brand“ sein. Kurzum, sie müssen sprachlich dem Charakter entsprechen, den Nutzer:innen von Ihrem Unternehmen erwarten.

Doch was ist nun Stimme, und was der Tonfall? Mal angenommen eine Ihnen nahestehende Person ruft Sie mit unterdrückter Nummer an… auch ohne Namen auf dem Display, werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit direkt nach den ersten Worten verstehen, wer das ist, richtig? DAS ist die Stimme des Menschen.

Was diese Person Ihnen mitteilt, ist: „Das hast du ganz toll gemacht“… und nun kommts drauf an:

  • Sagt die Person es in einem fröhlichen, bestärkenden Ton – ist es wohlwollend aufzufassen.
  • Sagt die Person es hingegen mit einem ironischen, neutralen Ton – ist wohl das, was Sie da fabriziert haben, eher nicht so gut gewesen.

DAS ist der Tonfall des Menschen. Gleiches gilt für das „Voice & Tone Design“ Ihres Unternehmens. Sie haben eine Markenstimme, aber können für jede Situation den passenden Tonfall einschlagen. Sprechen Sie also anders, im Falle der Erfassung einer Schadensmeldung im Vergleich zum Fall einer Tarifanpassung mit Preisvorteil für Ihre Anwender:innen.

 

Regel Nr. 3: Fordern Sie unmissverständlich zur Handlung auf

Eine wichtige Entscheidung verdient auch die entsprechende Wertschätzung. Um diese zu vermitteln, reicht es oft bereits aus, das „OK“ aus Dialogfeldern zu verbannen. Beschriften Sie Buttons stattdessen mit einem eindeutigen Call-to-Action, der die ausgeführte Handlung beschreibt. Das hat gleich mehrere Vorteile:

  • Ihre Texte werden nützlicher und gesprächshafter
  • Ihre Texte beschreiben, was nach dem Betätigen der Schaltfläche passiert
  • Ihre Texte fordern unmissverständlich zum Handeln auf

So wird aus einem unklaren „Weiter“ ein „Adresse eingeben“ oder im Log-In Screen aus einem „Bestätigen“ das unmissverständliche „kostenlosen Probemonat starten“

Beim zweiteren ist klar: keine weiteren Kosten, einen Monat lang, jetzt starten.

 

Regel Nr. 4: Bringen Sie Informationen aus der Anleitung in die GUI

Betriebs- und Bedienungsanleitungen, Datenblätter und Tutorials haben Sie im Idealfall für Ihre Produkte erstellt. Dort stehts beschrieben: Was ist das für eine Checkbox? Wofür brauche ich als Anwender:in diese? Wann wähle ich sie an und wann ab? Was passiert dann?

Verstecken Sie diese kleinen, scheinbar unbedeutsamen und doch so essentiell wichtigen Infos nicht in Ihren Anleitungen, die die meisten Anwender:innen ohnehin erst aufrufen, wenn die ganze GUI brennt.

Packen Sie hilfreiche Informationsschnipsel, sofern der Platz in Ihren Softwareoberflächen es zulässt, in die GUI. Denn genau dort werden sie gebraucht – unmittelbar im Kontext der Checkbox: Als Tooltip, den Anwender:innen bei Bedarf aufrufen können, als Platzhalter zur Eingabehilfe in einem Textfeld oder als Label für weitere Informationen unter einem Feld.

Das erspart Ihren Anwender:innen Frust und Fragezeichen im Kopf und hilft Ihnen dabei, dass Ihre wertvollen Informationen aus den Anleitungen höhere Lesequoten erzielen.

Freude für Ihre Autor:innenseele – gesteigerte UX für Ihre Anwender:innen. Win-Win, wie wir finden.

 

Fazit

Es gibt kein Pauschalrezept für gute Microcopy. Dennoch können wir festhalten, dass wir bessere GUI-Texte schreiben, wenn wir klaren Regeln und Strukturen bei der Erstellung folgen, unsere subjektiven Eindrücke und Gefühle als Autor:innen aus dem Spiel lassen und uns auf Daten und Rechercheergebnisse rund um unsere Zielgruppen verlassen.

Sie wollen mehr über Regeln, Methoden und Werkzeuge für Ihren Einstieg als UX-Writerin erfahren? Dann ist unser Seminar „UX-Writing Grundlagen in der Technischen Kommunikation“ vielleicht das richtige für Sie. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme. Erklärungsbedarf, schaffen Tooltips und virtuelle Touren Abhilfe.