Führung geht uns alle was an; ob aktiv als Führender oder passiv als Geführter. Heute geben wir dir einen Einblick rund um das Thema Führung und zeigen auf, dass der Führungsstil maßgeblich von der Persönlichkeit der jeweiligen Person abhängt. Es wird wirtschaftspsychologisch!

 

Was macht erfolgreiche Führung aus?

„Richtige Führung gibt es nicht, nur erfolgreiche“

(Schmid, 2016, Führung aus systemischer Sicht. In von Au, C. (Hrsg.), Leadership und angewandte Psychologie. Wirksame und nachhaltige Führungsansätze)

Gut gesagt, doch wie lässt sich erfolgreiche Führung definieren? Führung von Mitarbeitern ist eine komplexe Aufgabe, die nicht allein durch Fachkompetenz, Berufserfahrung oder pure Macht zu bewältigen ist. Der Erfolg von Führung lässt sich oft anhand von der

  • Produktivität,

  • Effizienz,

  • Arbeitszufriedenheit

  • oder auch dem Arbeitsklima

feststellen und auch bis zu einem gewissen Grad messen. Diese Messbarkeit ist aus wissenschaftlicher Sicht sehr wichtig.

Trotz der Komplexität von Führungserfolg, kann wohl nicht bestritten werden, dass bei der Auswahl von Führungskräften in einer Organisation darauf zu achten ist, über welche Persönlichkeitseigenschaften, Kompetenzen und Motive diese Person verfügt. Bei der Ausübung von Führungsaufgaben ist die Persönlichkeit bzw. sind die Persönlichkeitsmerkmale entscheidend. Persönlichkeitsmerkmale sind in den meisten Fällen ein nennenswerter Prädiktor des Führungserfolgs, es sind jedoch nicht immer dieselben Eigenschaften bedeutsam. Aus wissenschaftlichen Studien: Persönlichkeitsmerkmale wie Egozentrismus, Aggressivität und Disziplinlosigkeit sind nachteilig für den Führungserfolg.

Doch neben den psychologischen Faktoren, muss es eben auch einfach passen – die Chemie muss stimmen. Wichtig ist die Kongruenz zwischen dem sozialen Umfeld und der jeweiligen Führungspersönlichkeit innerhalb eines jeden Unternehmens. Hier gilt: Umso höher die Passung, desto höher ist die Wirksamkeit einer Führungskraft. Heißt in einfachen Worten: Ein junges, dynamisches Team mit einem hohen Freiheitsdrang hat eine hohe Passung mit einer Führungspersönlichkeit, die das selbe Empfinden für Dynamik und Freiheit mitbringt.

Die zentrale Frage stellt sich, wie sich eine optimale Passung kennzeichnen lässt, unter dem Hintergrund eines dynamischen und lebendigen Organisationssystems, welches sich mit stetig wechselnden Soll- und Istzuständen auseinanderzusetzen hat.

Eine sogenannte „optimale Passung“ ist vorhanden, wenn die Kernkompetenzen der jeweiligen Führungspersönlichkeit mit den Kernprozessen einer Organisation in einem optimalen Zusammenspiel einhergehen. Wichtig ist, dass die Kernkompetenzen der Führungskraft in der Organisation zu Trage kommen können. In der heutigen Zeit unterliegt eine Führungsfunktion, aufgrund ihrer Tätigkeit in unterschiedlichen Rollen, einer stetigen Veränderung. Diese Veränderung hat zur Folge, dass das Zusammenspiel und Wirken aller Organisationsmitglieder einem sogenannten „Passungssystemskreislauf“ folgen, indem die Rollen und das Verhalten aller relevanten Mitglieder eines Teams und dessen Umfeld im Zusammenspiel mit der jeweiligen Führungspersönlichkeit ausbalanciert oder abgestimmt werden.

Kurz gesagt: Was heute passt, passt nicht unbedingt morgen auch noch. Teams und Abteilungen sind agil. Diese Agilität muss auch die Führungsebene mitbringen.

Das Geheimnis erfolgreicher Führung liegt also nicht in der blinden Anwendung von Kochrezepten, die massenhaft in der populären Management-Ratgeberliteratur angeboten werden, sondern in einem ebenso reflektierten wie systematischen Vorgehen, bei dem man sich mit den Erfordernissen und Möglichkeiten des konkreten Anwendungsfalls auseinandersetzt. (Kanning & Staufenbiel, 2022, Organisationspsychologie – Führung und Organisationsentwicklung)

 

Kennst du das Big-Five-Modell?

Dieses zeigt, welche Elemente eine (Führungs-)Persönlichkeit ausmachen.

Bei den Big-Five oder auch Fünf-Faktoren-Modell genannt, handelt es sich um eines der bekanntesten Modelle in der Persönlichkeitspsychologie. Dieses Modell stellt die fünf Kernelemente der menschlichen Persönlichkeit dar. Seinen Ursprung hat das Modell in dem Jahr 1936, als die Psychologen Gordon Allport und Henry Odbert ungefähr 4.500 Begriffe, welche die Persönlichkeitsmerkmale oder Verhaltensweisen der Menschen bezeichnen, aus Websters „New International Dictionary“ schrieben. Der Grund hierfür war die früher weitverbreitete Merkmalstheorie der frühen Persönlichkeitsforschung, welche besagt, dass Verhalten und Temperament einer Person anhand von individuellen Merkmalen beschrieben werden können. Ziel Allports und Odberts war es, die Begriffe in übergeordnete Faktoren einzuordnen, um somit die Erstellung von prägnanten Merkmalsbereichen im weiteren Verlauf zu vereinfachen.

Die von Allport und Odbert geschaffene Basis hatte zur Folge, dass Raymond Cattell in den 1940er Jahren das sogenannte „Sixteen Personality Factor Questionnaire“ entwickelte, um die Merkmale messen zu können. Cattell reduzierte die Listen von Allport und Odbert anhand faktoranalytischer Verfahren, wodurch er versuchte, die Hauptdimensionen der Persönlichkeit zu identifizieren. Aus der „Sixteen Personality Factor Questionaire“ Theorie übernahmen Costa und McCrae 1976 folgende drei Faktoren:

  • Neurotizismus
  • Offenheit für Erfahrungen
  • Extraversion

1985 vervollständigten Costa und McCrae ihr Modell um die beiden Faktoren

  • Gewissenhaftigkeit
  • Verträglichkeit

und schufen somit das heute bekannte Fünf-Faktoren-Modell zur Beschreibung von Persönlichkeiten. Das Big-Five-Modell der Persönlichkeit geht davon aus, dass sich die Persönlichkeit anhand von fünf großen Merkmalsbereichen bzw. Faktoren klassifizieren lässt. Goldberg bezeichnete diese fünf Dimensionen als „Big Five“ und wollte damit zum Ausdruck bringen, dass jeder dieser fünf Faktoren eine höhere Anzahl an spezifischen Persönlichkeitseigenschaften umfasst und damit recht breit konzipiert ist. Im Folgenden werden Charakterisierungen von Menschen anhand des Fünf-Faktoren-Modells beschrieben:

Neurotizismus:

Weisen Personen hohe Neurotizismuswerte auf, neigen sie oft zu Nervosität, Ängstlichkeit, Unsicherheit und machen sich „Sorgen um ihre Gesundheit“. Diese Menschen sind selten in der Lage ihr Verlangen und Bedürfnisse zu kontrollieren und reagieren oft nicht angemessen in Stresssituationen.

Extraversionen:

Haben Personen hohe Werte an Extraversion, ist dies ein Zeichen für Abenteuerlust, Geselligkeit und Herzlichkeit. Menschen mit hohen Werten an Extraversion sind oft aktiv, gesprächig und haben eine hohe Ausprägung an Optimismus. Das Gegenteil bilden introvertierte Personen, die eher „distanziert, kontaktscheu, still und zurückhaltend sind“.

Offenheit für Erfahrungen:

Personen mit hohen Werten in dieser Dimension lassen sich oft dadurch kennzeichnen, dass sie eine hohe Wertschätzung für neue Erfahrungen haben, sie sind wissbegierig und kulturell interessiert. Sie sind für neue Dinge und Erfahrungen stets offen.

Verträglichkeit:

Menschen mit hohen Werten im Bereich Verträglichkeit sind oft sehr selbstlos, emphatisch, harmoniebedürftig und sehr kooperativ.

Gewissenhaftigkeit:

Personen mit hohen Werten in Gewissenhaftigkeit sind ausdauernd, arbeiten intensiv, sind ordentlich und zuverlässig. Das Gegenteil bilden Personen, die nachlässig, chaotisch gleichgültig und unpünktlich sind.

Diese Persönlichkeitsmerkmale trägt jeder in sich. Zu den Merkmalen des Big-Five-Modells wurden weitere Studien abgeleitet z. B. eben zum Thema Führung. Den Wissenschaftler:innen nach, sind besonders diese Merkmale aus dem Big-5-Modell wichtig für den Führungserfolg:

  • Umso geringer der eigene Neurotizismus-Wert ist, umso schneller steigen Personen die Karriereleiter auf

  • Umso höher der eigene Gewissenhaftigkeit-Wert ist, umso erfolgreicher war die Führung

  • Umso höher die Bereitschaft für neue Erfahrungen ist, umso eher wird man zu einer führenden Person

Führung, bzw. die dafür förderlichen Persönlichkeitsmerkmale, ist etwas, dass man in sich hat – oder eben nicht. Sei es durch frühkindliche Prägung, Erziehung oder auch ein Stück weit durch Genetik. Man kann diese Merkmale allerdings auch durch Kurse oder Führungstraining schärfen. Der Markt ist geflutet von unzähligen Seminaren und Coachings für Führungskräfte.

Gleichzeitig muss man aber nicht all diese theoretisch benötigten Führungsmerkmale in sich tragen, sondern kann auch durch eine hohe Passung, also Kompatibilität der eigenen Eigenschaften mit den benötigten Eigenschaften genau dieser Position, für ein Unternehmen eine erfolgreiche Führungskraft sein. So raten wir unseren Kunden stets eine Führungskraft auszusuchen, die eben nicht der fachlich beste ist, sondern der eine hohe soziale Kompetenz hat und einen Draht zu den Mitarbeiter:innen aufbauen kann. Das ist Führungserfolg!